Stuttgart/Dortmund. Die Stuttgarter Prälatin Gabriele Arnold ist am Donnerstag in ein schwarzes Gewand geschlüpft. Aus gutem Grund: Zur Veranstaltung „Homophob sind doch nur die anderen“ gibt es beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dortmund den allgemeinen Aufruf, gegen geschlechtsbezogene Gewalt mit schwarzer Kleidung zu demonstrieren. Das gibt der ganzen Veranstaltung einen dunklen Anstrich, obwohl Vielfalt statt Einfalt eines von vielen Themen beim Kirchentag ist – und besonders hier auf dem Podium des Zentrums Regenbogen im großen Saal der Kirchengemeinde Hörde.

Arnolds Kunde aus Württemberg ist auf jeden Fall sehr lebendig – und ist mit Spannung erwartet worden. „Wir wissen, dass es in Württemberg immer noch tiefe Gräben gibt“, sagt die Menschenrechtlerin Lucie G. Veith, die mit Arnold auf dem Podium sitz. Im Rest von Deutschland hätten sowohl die Entscheidungen der Synode zur Homosegnung wie auch Arnolds Kampf für die Gleichstellung von Homosexuellen oder Transsexuellen für Schlagzeilen gesorgt. Insofern wird Arnold in Dortmund wie der gute und weltoffene Mensch aus Württemberg gefeiert. Auch hier macht sie deutlich, dass sie mit dem Beschluss zur Segnung homosexueller Paare unzufrieden sei. „Denn damit haben wir nach wie vor eine festgeschriebene Diskriminierung.“

Auf die Frage von Moderator Martin Franke, ob die Kirchenleitung in Württemberg mehr für die Rechte der Regenbogenfamilie tun könnte, sagt sie: „Ja, vielleicht hätte die Kirchenleitung mehr tun können. Aber letztlich muss die Veränderung von der Basis ausgehen. So etwas kann nicht diktiert werden.“ Arnold wirbt dafür, dass sich noch mehr Gemeinden der Initiative Regenbogen anschließen. „Die Zahl der Gemeinden, die sich seit den synodalen Entscheidungen angeschlossen haben, ist inzwischen stark gestiegen.“ Waren es im Jahr 2017 nur 26 Regenbogengemeinden, wuchs die Zahl 2018 auf 60 und liegt nun bei 100 Gemeinden, bei denen schwule oder lesbische Menschen willkommen sind. Das mache ihr Mut. „Wir brauchen einen langen Atem, sagte sie aber auch.

In diesem Sinne wirbt die Regionalbischöfin für eine weitere Öffnung in der Sache der Gleichstellung. Sie empfiehlt Gemeinden bei Neubesetzungen von Pfarrstellen, in die Ausschreibung konkret reinzuschreiben, dass man „offen für Pfarrer und Pfarrerinnen aus der Regenbogenfamilie“ sei, „die auch in den Pfarrhäusern leben können“. Für die Prälatin wäre es auch ein starkes Zeichen, wenn sich Gleichgeschlechtliche aus der mittleren Leitungsebene, also Dekane, oder gar in der Leitungsspitze als homosexuell outen würden. Zudem weist sie daraufhin, dass Menschen, die sich als lesbisch oder schwul outeten, weiterhin mit Ausgrenzung leben müssten. Nicht von der Hand zu weisen sei auch, dass Homosexuelle in der Landeskirche kaum Karrierechancen hätten. „Wer sich in manchen ländlichen Gemeinden als schwul oder lesbisch outet, muss damit rechnen, dass er am nächsten Tag keine Kinderkirche mehr machen darf“, sagt Arnold, „dagegen müssen wir als Kirchenleitung einschreiten.“ Auch für diesen Satz bekommt Arnold in Dortmund großen Beifall.